28. September 2018

Der „Bioplastik-Schwindel“

Ihr denkt, Bioplastik sei umweltfreundlich? Wir erklären, warum das nicht immer stimmt und was ihr stattdessen nutzen solltet.

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Gestern lud die Stadtreinigung Hamburg zu einer großen Pressekonferenz gemeinsam mit Umweltsenator Jens Kerstan, dem neuen Schirmherrn der Initiative #wirfürbio. Gegenstand der Veranstaltung war ein Problem, das vielen nicht bewusst ist: Plastik gefährdet die Qualität des Kompostes. Wie kommt das da rein? Zum einen wird beim Trennen zuweilen nicht so genau drauf geachtet, ob alles wirklich in die richtige Tonne kommt, und es landen versehentlich Plastikverpackungen in der grünen Biotonne. Viel gravierender sind aber Tüten aus angeblich biologisch abbaubarem Plastik, sog. „Bio“plastik. Diese gehören nämlich, entgegen ihrer Bezeichnung, auf keinen Fall in den Biomüll sondern ausschließlich in die schwarze Restmülltonne.

 

Auch so etwas landet immer wieder im Biomüll.

 

Abbauprozess zu langsam für die modernen Kompostieranlagen der Stadtreinigung

„Bioplastik gilt als kompostierbar, wenn nach 12 Wochen Kompostierung maximal noch 10 Prozent des Kunststoffs in der Siebung größer als 2 mm nachweisbar sind,“ weiß Prof. Dr. Siechau, Geschäftsführer der Stadtreinigung Hamburg. „Große Anlagen wie unser Biogas- und Kompostwerk Bützberg kompostieren in deutlich kürzerer Zeit von 2 bis 6 Wochen. Für Bioplastik ist das zu kurz, es verrottet nicht schnell genug. Somit stört es den Kompostierungsprozess und landet letztendlich als Mikroplastik in der Komposterde.“ Kompost mit kleinen bunten Plastikschnipseln möchte aber kein Bauer haben.

 

Lösung: Biotüten aus Papier

Um die Entsorgung von Biomüll zu erleichtern und zugleich zu verhindern, dass Bioplastik in der Kompostierung landet, hat die Stadtreinigung eigene Biotüten entwickelt. Sie bestehen zu 100 Prozent aus Recyclingpapier und sind in kurzer Zeit abbaubar, sodass sie den Kompostierprozess nicht beeinträchtigen. Damit die organischen Abfälle das Papier nicht direkt durchweichen, ist die Tüte innen wasserabweisend mit Wachs beschichtet. Einfacher und umweltfreundlicher Biomüll sammeln und entsorgen geht nicht. Um dieses Angebot kennenzulernen, schickt die Stadtreinigung jedem Haushalt ab Oktober einmalig zehn Biotüten gratis zu. Haltet also den Briefkasten im Auge.

 

Prof. Dr. Siechau beweist die Wasserfestigkeit der Biotüte der Stadtreinigung

 

„Bioplastik“ sendet ein falsches Signal

Die Idee hinter Bioplastik ist per se ja nicht verkehrt, allerdings werden Verbraucher durch den Namen in die Irre geführt. Der Name lädt geradezu zur Entsorgung in der Biotonne ein. Dort gehört es aber nicht hin. Auf eurem heimischen Kompost sollte es auch nicht landen, denn dort zerfällt es nur extrem langsam oder teils gar nicht, wie das Umweltbundesamt in einem Artikel schreibt. Dieser weist ebenfalls darauf hin, dass Bioplastik nicht recycelbar ist und daher in die schwarze Restmülltonne und thermisch verwertet gehört. Somit gilt: Für umweltbewusste Menschen ist Bioplastik zum jetzigen Zeitpunkt keine Lösung. Wer seinen Biomüll sammeln will, sollte auf jeden Fall die Papiertüten der Stadtreinigung nutzen. Wer seinen Bioabfall trotzdem in einer Plastiktüte sammeln möchte, kann den Inhalt der Plastiktüte in die Biotonne entleeren und die geleerte, meist verschmutzte Plastiktüte über die Restmülltonne entsorgen. Übrigens: Auch in Plastik oder Glas verpackte verdorbene Lebensmittel dürfen nicht zusammen mit der Verpackung in der Biotonne entsorgt werden.

 

Ihr findet, Plastik hat weder was in unserem Kompost noch auf unseren Straßen verloren? Setzt ein Zeichen für eine saubere Stadt und macht mit bei unserem Sauberkeitsabkommen. Lasst uns gemeinsam Hamburg eine Stimme geben.