Mehrwegflaschen: Auf Talfahrt
Statistiken belegen: Obwohl Abfallvermeidung höchste Priorität hat, sinkt der Anteil an Mehrwegflaschen stetig.
Alle sollten eine zweite Chance bekommen. Warum nicht auch Möbel, Kleidung und Elektronik? Ein Gastbeitrag von Katharina Wandrowsky.
Secondhand verbinden viele Menschen mit altmodischer, abgetragener Kleidung, die womöglich stinkt, gefühlt älter als die eigene Oma und voller Bakterien ist. Sie würden sich unwohl dabei fühlen, Dinge zu besitzen, die vorher jemand anderes besaß und möchten nicht, dass andere glauben, sie könnten sich nichts Neues leisten.
Es gibt so viele gute Gründe, hinter die Fassade der Secondhand-Mythen zu schauen, um sich selbst, der Umwelt und anderen Menschen etwas Gutes zu tun.
Zuerst zum Gesundheitsaspekt: Da Secondhand-Kleidung bereits häufiger getragen und gewaschen wurde, befinden sich kaum bzw. gar keine Chemikalien mehr in der Kleidung, die beim Herstellungsprozess mitwirkten. Diese Chemikalien sind häufig der Grund für Hautausschlag oder allergische Reaktionen. Besonders Kinder sind dafür anfällig, da ihre Haut noch sehr empfindlich ist.
Ein weiterer Vorteil ist der Preis, der wohl für die meisten Menschen den größten positiven Aspekt darstellt. Secondhand ist, je nachdem wo du es kaufst, meist günstiger als neue Produkte aus dem Laden. Mein Geheimtipp sind Flohmärkte! Hier bekommst du häufig alles am preiswertesten. Du brauchst aber viel Glück und Zeit, um das zu finden, was du suchst. Es ist wie eine kleine Schatzsuche. Du weißt nie, was dich am nächsten Stand erwartet.
Falls du nicht so viel Zeit auf Flohmärkten verbringen möchtest, sind Online-Plattformen eine gute Möglichkeit, schnell und günstig das zu finden, was du suchst. Hier gibt es ganz oft auch gebrauchte Produkte, welche kaum benutzt und manchmal sogar noch im Geschäft zu finden sind, nur günstiger.
Für alles gibt es aber auch ein lokales Geschäft, falls du ein „normales Shopping-Erlebnis“ bevorzugst. Suchst du Möbel oder Elektronik, kannst du im Gebrauchtwarenkaufhaus „Stilbruch“ fündig werden. Für Kleidung lohnt es sich im Rote-Kreuz-Kaufhaus oder auf spezifischen Frauen-/ und Bloggerflohmärkten zu suchen, für ausgefallene Vintagestücke kann ich einen Besuch im Laden „Pick and Weight“ in der Schanze ans Herz legen und auch bei „Stilbruch“ in der Ruhrstraße kann man Kleidung aus zweiter Hand bekommen.
Eine Ausnahme bilden Antiquitätenläden, wo die Preise im Vergleich zu anderen Secondhand-Läden verhältnismäßig hoch sind. Hier werden die Rarität und Qualität geschätzt was den Preis steigert.
Qualität ist das Stichwort für einen weiteren Vorteil: Alte Teile besitzen häufig eine bessere Qualität als neue. Sie bestehen aus besseren Materialien und wurden qualitativ hochwertiger angefertigt. Früher haben die Gegenstände ihren Besitzer oft ein Leben lang begleitet und wurden dann sogar noch weitervererbt. Das ist heutzutage kaum noch möglich.
Um heute gute Qualität erwarten zu können, müssen wir oftmals auf teure und traditionelle Marken zurückgreifen, die sich aber nicht jeder leisten kann. Hierfür ist Secondhand wie gemacht! Die Markenteile sind zwar meist trotzdem hochpreisiger als No-Name-Kleidung, dafür kann man allerdings auf die Langlebigkeit des Produktes vertrauen. Außerdem sind alte Kleidungsstücke aus zweiter Hand häufig auch Einzelstücke. Somit kann jeder ganz einfach seinen eigenen Look kreieren, denn nicht jeder nachkaufen kann.
Besonders Vintageteile besitzen eine Individualität, die sich auf ihre Geschichte und passende Abnutzungsspuren zurückführen lassen. Man lernt die Story einzelner Marken sowie den Nutzen, für den das Stück hergestellt wurde, kennen. Wusstest du zum Beispiel, dass die Designertasche Sac Noe Grande von Louis Vuitton mit der Intention gemacht wurde, vier Champagnerflaschen gleichzeitig zu transportieren oder dass der klassische Trenchcoat von Burberry ursprünglich Militärkleidung war und die Schulterschlaufen zum Befestigen des Rucksacks genutzt wurden? Die Geschichten geben den Stücken Charakter, denn sie werden meist nicht mehr so hergestellt wie damals. Sie sind Raritäten und kein weiteres Teil auf der Kleiderstange, von dem dahinter noch zwanzig identische hängen. Wer ein Unikat haben möchte, das wirklich niemand besitzt, kann die Stücke außerdem nach den eigenen Wünschen personalisieren und verändern.
Für mich persönlich ist der Nachhaltigkeitsaspekt einer der wichtigsten Gründe, warum ich gern gebrauchte Sachen kaufe. Ob Möbel, Elektronik, Bücher oder Kleidung – es gibt von allem bereits genügend. Man braucht es sich nicht neu kaufen. Dadurch spart man Ressourcen, Verpackungsmüll und unterstützt nicht direkt die Marken, die die Produkte meist mit Mensch- und Tierausbeutung produziert haben. Man boykottiert die Fast-Fashion-Industrie, indem man den „Fast Products‘‘ die „Slow Products“ vorzieht. Man schenkt ihnen ein zweites Leben, eine zweite Chance, eine längere Geschichte.
Aus diesen Gründen ist Secondhand die nachhaltigste Art des Konsums. Ich finde es schade, wie schnell Produkte an Wert verlieren. Mit der Zeit fliegt er wortwörtlich davon. Die Ressourcen, die dafür verbraucht wurden, die Arbeit, die in ein Produkt gesteckt wird, die überhaupt ermöglicht, es zu kaufen, werden vergessen! Wenn man einen Secondhand-Fehlkauf hat, ist es nicht so schlimm, da es das Produkt schon gab und man keine weiteren Ressourcen, außer der eigenen Zeit, verbraucht hat.
Aus den genannten Gründen lege ich Secondhand jedem ans Herz, der einen Unterschied machen möchte. Es ist nicht schlecht oder eklig, wie viele denken. Vielmehr kann es individuell, nachhaltig und praktisch sein. Man kann es sich so anpassen, wie es zum eigenen Leben passt!
Und wenn ihr gebrauchte Kleidung loswerden möchtet, könnt ihr das z. B. in den Kleiderkammern der Stadt tun. Tragbare Altkleider oder Schuhe können aber auch ganz einfach in einen der 120 öffentlichen Alttextiliencontainer der Stadtreinigung Hamburg geworfen oder auf den Recyclinghöfen gebührenfrei abgeben werden. So gelangen sie auch sicher zu den lokalen Interessenten.